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Einführung

Pferde sind intelligent, empfindsam, flink, reaktionsschnell, mehr oder weniger temperamentvoll, um nur einige wesentliche Eigenschaften zu nennen. Es ist unbedingte Voraussetzung für das Halten eines Pferdes, sich mit seinen Eigenheiten und seinem Charakter vorher schon vertraut zu machen. Man muß sich auch völlig klar darüber sein, daß das Reiten erst nach allen anderen für das Pferd notwendigen Dingen und Arbeiten kommt. Das alte Sprichwort "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" trifft für die Pferdehaltung in ganz besonderem Maß zu. Das Pferd bedarf täglicher Pflege und Zuwendung des Halters, um damit sein Vertrauen zu erwerben und zu behalten. Den Charakter, die Eigenheiten und die Art der Wahrnehmung des Pferdes zu kennen, ist dabei äußerst wichtig, denn nur wer sich damit hinreichend auskennt, kann sein Pferd richtig behandeln und Probleme von vornherein vermeiden.

Vor dem Kauf

Pferdehaltung ist kein Hobby, sondern bedeutet tägliche harte Arbeit, hohen Zeitaufwand und ganz erhebliche finanzielle Belastung. Vor dem Kauf muß man deshalb sehr gründlich darüber nachdenken, ob all das für lange Zeit überhaupt durchführbar ist. Dabei ist der Anschaffungspreis nur ein Faktor, viel wesentlicher sind die laufenden Kosten für Futter und Stall oder Weide, Tierarzt, Hufschmied, Impfungen, Versicherungen, Ausrüstungsgegenstände und so weiter und so fort. Hat das eigene Auto eine Anhängerkupplung, soll man einen Transportanhänger kaufen oder im Falle eines Falles lieber mieten? Alles Fragen, die man sich besser vorher stellt als später mit zusätzlichen, nicht eingeplanten oder gar unbezahlbaren Kosten konfrontiert zu werden. Weidepferde sollten mindestens einmal, Stallpferde mindestens zweimal täglich besucht und kontrolliert werden - auch an Sonn- und Feiertagen, auch bei miesester Witterung, auch im Winter und auch dann, wenn an sich eine Reise oder der Jahresurlaub geplant ist (und kein Helfer gefunden wird, der diese Arbeit übernimmt). Zur Pferdehaltung braucht man zumindest eine Weide mit Unterstand; regelmäßig gerittene Pferde brauchen einen Stall. Die reine Stallhaltung kostet täglich mindestens eine Stunde (Ausmisten, Füttern, Putzen), An- und Abfahrt nicht gerechnet. Zwar könnte man sein Pferd evtl. in einem Pensionsstall unterbringen. Dadurch entsteht eine weitere finanzielle Mehrbelastung und je nachdem, ob Vollpension oder teilweise Eigenversorgung vereinbart wurde, muß wiederum die Zeit dafür - siehe oben! - berücksichtigt werden. Das alles sind sicherlich nur einige der wesentlichen Punkte, die vor einem Pferdekauf ganz eindeutig geklärt sein müssen. Unliebsame Überraschungen kann es immer noch geben, es wäre also sinnvoll, auch eine finanzielle Rücklage für solch einen Fall zu haben. Sich mit Pferdehaltern in der Umgebung über den Wunsch nach einem eigenen Pferd zu unterhalten, dabei alle obigen Punkte anzusprechen und aus den Erfahrungen dieser Personen vielleicht noch weitere nicht bedachte Möglichkeiten "auszugraben", kann nur von Vorteil sein. Auch die in den folgenden Abschnitten angesprochenen Überlegungen müssen reiflich erwogen und durchdacht sein, bevor jemand sich endgültig zum Kauf eines - seines - Pferdes entschließt.

Weidehaltung, Stallhaltung oder Kombination aus beidem?

Die Weidehaltung eines Pferdes ist zwar grundsätzlich einfacher und weniger zeit- und kostenaufwendig. Trotzdem kann das Tier weder sich selbst überlassen bleiben noch ohne Wetterschutz und Aufsicht draußen gelassen werden. Eine geeignete Weide muß groß genug sein, Wasser und einen Unterstand bieten. Das auf der Weide gehaltene Pferd muß täglich auf Verletzungen oder Krankheiten überprüft werden. Der Futterzustand ist zu beobachten, da Menge und Qualität der Weide je nach Jahreszeit unterschiedlich sind; eventuell mu Fá zugefüttert werden. Das Wasser ist täglich zu erneuern, notfalls auch der Offenstall einzustreuen.

Die Stallhaltung erfordert mehr Zeit und ist auch teurer. Täglich sind ein bis zwei Stunden zum Füttern, Putzen, Ausmisten und Erneuerung der Einstreu anzusetzen. Stallpferde leiden viel häufiger unter Problemen der Verdauung als Weidepferde und sind gegen Schimmelpilze im Stroh oder Heu allergisch. Das größte Problem reiner Stallhaltung ist jedoch die Langeweile. Sie kann zu Holznagen, Koppen, Weben und anderen Untugenden führen. Dringend notwendig ist daher eine tägliche und ausreichende Bewegung des Pferdes im Freien.

Die ideale Lösung ist eine Kombination der Stall- und Weidehaltung. Regelmäßiger Weidegang verbessert den Zustand der Hufe, des Fells und auch des Temperamentes. Das Pferd hat Bewegung auf der Weide und ist leichter sauberzuhalten, wenn es die andere Zeit im Stall verbringt. Es muß nur morgens und abends gefüttert, getränkt und auf Verletzungen oder Erkrankungen überprüft werden. Im Sommer ist es sinnvoller, das Pferd tags im Stall zu halten und nachts auf die Weide zu bringen, da Pferde an heißen Tagen nicht grasen, sondern nur Schatten suchen. Im Winter holt man das Tier nachts herein, um es nicht der nächtlichen Kälte auszusetzen, und läßt es tagsüber hinaus.

Dies können natürlich nur allgemeine Empfehlungen sein, da die Stall- oder Weidehaltung oder die Kombination aus beiden auch vom Typ des Pferdes abhängt. Ein Pony ist robust und widerstandsfähig und kann bei vernünftiger Unterstellmöglichkeit (Offenstall, Schutzhütte) das ganze Jahr auf der Weide leben. Vollblüter und ihre Kreuzungen sind meist empfindlicher und brauchen den Stall, vor allem im Winter.

Die Weide

An eine Pferdeweide sind etliche Anforderungen zu stellen. Vor allem muß sie sicher und stabil eingezäunt sein und darf nichts enthalten, was zu einer Verletzung des Pferdes führen kann (abgebrochene Äste und Zaunpfähle, Metall- oder Glasstücke, landwirtschaftliche Geräte oder gar Stacheldraht als Umzäunung). Sie muß genügend Gras aufweisen, es muß Wasser und ein Wetterschutz zum Unterstellen vorhanden sein. Die Größe soll mindestens 1/2, besser ein Hektar pro Pferd betragen und möglichst unterteilt sein zur abwechselnden Benutzung, damit sich der jeweils andere Teil erholt. Ältere Weiden mit bodennahen Gräsern und festem Untergrund sind besser für das Pferd als neu angesäte Flächen, die zu Verdauungsproblemen und Hufrehe führen können. Unbedingt muß täglich frisches Wasser in Wanne oder Eimer nachgefüllt werden - es sei denn, ein fließendes Gewässer durchquert die Weidekoppel.

Der ideale Weidezaun wird aus hölzernen Pfosten mit drei Querriegeln erstellt, wobei der oberste etwa 1,5 Meter hoch sein muß, um ein Pferd vom Springen abzuhalten, der unterste soll wenigstens 30 cm vom Boden entfernt sein, damit sich kein Pferdebein darunter verfängt (beim Pony kann der unterste Riegel etwas tiefer liegen). Alle Riegel müssen an den 60 cm tief eingegrabenen Pfosten zur Koppel hin befestigt werden, wobei Anschrauben statt Nageln vorzuziehen ist. Ein mindestens 3 Meter breites Tor, ebenso hoch wie der Zaun, sollte etwa mittig und nicht in einer Koppelecke eingebaut sein. Ist kein fließendes Gewässer oder ein Wasseranschluß für eine Selbsttränke vorhanden, muß das Wasser täglich zur Weide gebracht werden - pro Pferd etwa 40 Liter. Werden hölzerne Futterkrippen verwendet, sollten sie abnehmbar sein und täglich an anderen Plätzen aufgehängt werden, um das Zertreten des Bodens vor den Futterstellen gering zu halten.

Vor der ersten Beweidung wird die Koppel abgegangen, auf Giftpflanzen überprüft (dazu siehe weiter unten) und jeder Gegenstand eingezäunt, gegen den ein munter galoppierendes Pferd geraten könnte, wie z.B. Abspanndrähte, Masten und dergleichen. Staketenzäune, Maschendraht und Stacheldraht sind dazu - wie auch zur Einfriedung der Weide - absolut ungeeignet und äußerst gefährlich für das Pferd.

Ein Offenstall ist aus mehreren Gründen sinnvoll. Einmal können sich die Pferde bei Schlechtwetter unterstellen, zum anderen bleibt darin das Rauhfutter trocken. Er sollte etwas größer als eine normale Box und die Öffnung der vorherrschenden Windrichtung abgewandt sein. Bei mehreren Pferden ist eine große Öffnung oder zwei Eingänge zweckmäßig, um Rangordnungsstreite zu vermeiden. Ein fester Boden muß vorhanden sein, Pferde können nicht in kaltem Morast ausruhen. Weiche Einstreu regt das Pferd an, sich hinzulegen.

Viele Jahre nur von Pferden begangene Weiden sind meist in hohem Grade verwurmt, bis auf den Boden abgenagt, sie sehen "müde" aus. Abgesehen von den gesundheitlichen Gefahren für das Pferd sollte eine solche Weide gepflügt (wodurch die Wurmeier zugrundegehen müßten) und mit einer für Pferde geeigneten Grasmischung neu eingesät werden. Durch Einbringen von Kalk wird vielerorts versucht, den Boden alkalisch zu machen und das Wachstum von Pflanzen anzuregen, die Kalium enthalten und das Knochenwachstum des Pferdes unterstützen.

Eine Verbesserung der Weide läßt sich erzielen durch Schonung, sprich abwechselnde teilweise Nutzung, durch Aufsammeln des Pferdemistes, das Ausgraben oder Mähen von Unkraut, durch Düngung und wesentlich auch damit, daß sie von Rindern oder Schafen abgegrast wird. Pferde, Schafe und Rinder werden nicht durch Würmer der anderen Rasse befallen, diese gehen im Verdauungstrakt des jeweils anderen Tieres zugrunde. Dadurch wird die Verwurmung der Weide geringer. Zudem weiden Schafe und Rinder gleichmäßiger und verbessern die Grasnarbe, während Pferde Stellen meiden, wo sie Kot und Urin abgesetzt haben, und meist nur die besten Teile der Weide abgrasen. Esel sollten nicht auf die Pferdeweiden gebracht oder zusammen mit Pferden gehalten werden, da sie recht oft Lungenwürmer haben und die Pferde damit infizieren.

Obwohl Pferde nur selten giftige Pflanzen fressen, ist es unabdingbar, eine neue Weide und deren nächste Umgebung auf Giftpflanzen zu prüfen. Das Jakobskreuzkraut wird öfter vom Pferd aufgenommen und verursacht Vergiftungserscheinungen. Überhängende Zweige von Goldregen, Liguster oder Eiben können sogar den qualvollen Tod eines Pferdes herbeiführen. Auch die Schwarze und Weiße Zaunrübe, die Tollkirsche, der Bittersüße Nachtschatten sowie Wasserschierling und Wasserfenchel sowie Adlerfarn sind Gift für das Pferd. Selbst Eicheln führen zu Problemen, wenn das Pferd größere Mengen frißt. Es ist auch darauf zu achten, bei einem Neuanstrich des Weidezaunes mit Holzschutzmitteln keine bleihaltigen Mittel oder Kreosot zu verwenden.