Copyright by Pferdedoktor 1997.

Die Rechtslage bei Erster Hilfe

Bei Unfällen oder Verletzungen eines Menschen ist man grundsätzlich zur Hilfeleistung verpflichtet, sofern sie ohne unzumutbare Gefährdung der eigenen Gesundheit möglich ist.

Bei Pferden gilt das jedoch nur, wenn eine schnelle Hilfe durch den Besitzer oder dessen Personal nicht zu erwarten ist und das Eingreifen dem Tier schwere und längere Qualen erspart. Zudem muß diese Hilfe ohne Gefährdung der eigenen Sicherheit möglich sein.

Bei Personen, die gewerblich mit fremden Pferden Umgang haben, wie zum Beispiel Reitstallbesitzer, Reitlehrer, Ausbilder usw., gibt es jedoch eine Verpflichtung zur Ersten Hilfe; sie müssen zudem im Rahmen der Sorgfaltspflicht ihres Berufes genügend Verbandstoffe bereithalten.

Wenn sich ein Laie zu einer Erste-Hilfe-Leistung an einem fremden Pferd entschließt und durch Fehlbehandlung einen gesundheitlichen Folgeschaden verursacht, so haftet er dafür nicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob er zur Hilfeleistung aufgefordert wurde oder selber tätig wurde, um dem Pferd zu helfen (Ausnahme: Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit). Er haftet selbst dann nicht, wenn er bei nachweislich falscher Einschätzung der Situation meint, daß keine Nachuntersuchung durch den Tierarzt erforderlich sei. Es obliegt immer nur dem Halter eines Pferdes, den Tierarzt zu befragen, er darf sich nicht allein auf die Hilfe eines Laien verlassen.

Der Helfer hat Anspruch auf Ersatz von Auslagen für seine Maßnahmen an fremden Pferden, und zwar auch dann, wenn er sie ungefragt eingeleitet hat. Er darf davon ausgehen, daß er Halter an einer Versorgung seines Pferdes in sinnvollem Umfang grundsätzlich interessiert ist.

Natürlich gibt es Fälle, bei denen eine komplizierte oder nicht klar erkennbare Verletzung vorliegt oder das Pferd so unruhig ist, daß man sich selbst der Gefahr von Verletzungen aussetzt. Hier ist man nicht zu Erster Hilfe verpflichtet. Selbst ein Tierarzt kann die Behandlung eines aggressiven Pferdes ablehnen, wenn dessen Verhalten und die Zahl und Kompetenz der Helfer offensichtlich eine unverhältnismäßige Gefahr für die eigene Gesundheit darstellen.

Leistet man einem verletzten Pferd unaufgefordert Erste Hilfe und wird dabei selbst verletzt, so trägt man diese Folgen selbst. Wird man aber ausdrücklich um Hilfe gebeten, so haftet der Pferdehalter bzw. dessen Haftpflichtversicherung für Verletzungen des Helfers.

Zusammenfassend: Niemand ist gesetzlich zu Erster Hilfe an fremden Pferden verpflichtet. Für Fehler bei der Ersten Hilfe, die nicht auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruhen, haftet ein Helfer nicht. Andererseits trägt er die Folgen eigener Verletzungen selbst, wenn er unaufgefordert Erste Hilfe an einem fremden Pferd leistet; für die bei der Hilfe geleisteten Aufwendungen hat er dagegen Ersatzanspruch gegen den Besitzer des Pferdes.

Stallbesitzer, Reitlehrer, Pfleger, Ausbilder, also alle Personen, die gewerblich Umgang mit Pferden haben, sind zur Ersten Hilfe in jedem Falle verpflichtet, weil sie vertraglich die Sorge und Betreuung für das Pferd übernommen haben.